Der FDP-Fraktionsvorsitzende Joachim Falkenhagen hat zu einer Pressemeldung von Christoph Engelen (SPD) Stellung Stellung bezogen. In ihr spricht Engelen davon, dass der Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge in Celle die “Brandmauer” zur AfD schon längst eingerissen hat:
Es macht den Eindruck, dass Christoph Engelen (SPD) jetzt bereits den direkten Übergang zur nächsten Oberbürgermeisterwahl wagt.
Aus unserer Sicht interessiert den Oberbürgermeister Dr. Nigge lediglich die eigene Überzeugung, das Richtige für die Stadt zu tun. Diese Überzeugung stimmt er auch mit einzelnen Fraktionen der demokratischen politischen Mitte ab, um sie dann dem Rat zur Entscheidung vorzulegen.
Im übrigen redet Christoph Engelen „Rassismus und Intoleranz in unserem Stadtrat“ herbei. Das habe ich als Vorsitzender des Rates in dieser Ratsperiode noch nicht erlebt und würde das auch sofort unterbinden und sanktionieren.
Auch mit dem Versuch, die SPD als alleinigen Anwalt „einer gerechten, weltoffenen und demokratischen Stadtgesellschaft“ darzustellen, liegt er daneben. Dieses Ziel sehe ich bei allen Fraktionen der demokratischen Mitte, insbesondere bei uns Freien Demokraten.
Und hier die Pressemeldung der SPD zur Kenntnisnahme:
SPD-Ortsverein Celle: Celler Oberbürgermeister Dr. Nigge (CDU) macht schon lange den „Merz“ und arbeitet im Celler Rat mit der AfD zusammen und verschafft sich so seine Mehrheiten
Die Brandmauer steht in Celle schon lange nicht mehr, so die nüchterne Analyse von Christoph Engelen, Ortsvereinsvorsitzender der SPD in Celle. Es ist nicht neu, dass der Celler Oberbürgermeister immer wieder mit der AfD zusammenarbeitet und sich so seine Mehrheiten im Celler Stadtrat sichert.
Diese Tatsache ist weder im Sinne der Stadtgesellschaft noch im Einklang mit den Grundwerten einer demokratischen und weltoffenen Stadt, wie es Celle sein soll. Die AfD hat sich längst zu einer Partei entwickelt, die durch ihre rassistischen, populistischen und antidemokratischen Positionen das demokratische Fundament unseres Landes gefährdet. Dass der Oberbürgermeister von Celle dies ignoriert und in seinen politischen Kalkülen auf diese Kräfte setzt, ist untragbar.
In der letzten Woche wurde im Bundestag deutlich, dass solche Verhaltensweisen, die auf eine Zusammenarbeit mit antidemokratischen Kräften setzen, in ganz Deutschland zu Recht scharf kritisiert werden. Auch in Celle muss sich jeder, der Verantwortung für die politische Gestaltung unserer Stadt trägt, bewusst sein, dass eine solche Zusammenarbeit auf Kosten unserer demokratischen Werte geht.
Wir als SPD in Celle lehnen diese Taktiken ab. Es darf nicht sein, dass ein Oberbürgermeister und die ihn unterstützende CDU-Fraktion im Stadtrat die demokratische Mitte schwächen, indem sie politische Mehrheiten mit der AfD suchen. Eine klare Haltung gegen Extremismus und für die Demokratie muss an oberster Stelle stehen – vor allem im Rathaus, wo die Zukunft unserer Stadt gestaltet wird.
Alle demokratischen politischen Akteure müssen sich von der AfD distanzieren und wieder mit allen demokratischen Kräften zusammenzuarbeiten, um eine stabile, zukunftsfähige und offene Stadtpolitik für Celle zu gestalten. Es darf kein Platz für Rassismus und Intoleranz in unserem Stadtrat und in unserer Gesellschaft geben.
Die SPD Celle wird weiterhin wachsam bleiben und sich mit aller Kraft für den Erhalt einer gerechten, weltoffenen und demokratischen Stadtgesellschaft einsetzen.
Die Cellesche-Zeitung berichtet am 12. Februar 2025 wie folgt:
Wer darf mit wem?
Wo „Tabubrüche“ längst keine mehr sind: „Brandmauer“-Streit im Celler Rat
Von Michael Ende
In ganz Deutschland demonstrieren in diesen Tagen Menschen gegen „Tabubrüche“ bei der Zusammenarbeit mit der AfD.Foto: Salome Roessler
Celle. Die AfD im Celler Stadtrat kümmert sich um so manches – auch um Müll. Als die AfD im Dezember im Rahmen einer „Mülleimer-Offensive“ beantragte, dass die Stadt 30.000 Euro für zusätzliche öffentliche Abfallbehälter ausgeben solle, gingen bei Politikern von AfD, CDU, Unabhängigen und FDP die Hände hoch. Gegenstimmen kamen unter anderem aus den Reihen der Grünen und der SPD. Und letztere beschwert sich jetzt darüber, dass die auf Bundesebene so viel zitierte „Brandmauer“ zwischen gesichert nicht-extremistischen Parteien und der AfD in Celle offenkundig nicht existiere – ein Skandal?
„Die Brandmauer steht in Celle schon lange nicht mehr“, sagt Celles SPD-Ortsvereinsvorsitzender und Ratsherr Christoph Engelen: „Es ist nicht neu, dass Celles Oberbürgermeister Jörg Nigge immer wieder mit der AfD zusammenarbeitet und sich so seine Mehrheiten im Celler Stadtrat sichert.“ Das sei weder im Sinne der Stadtgesellschaft noch im Einklang mit den Grundwerten einer demokratischen und weltoffenen Stadt, wie es Celle sein solle, so Engelen: „Die AfD hat sich längst zu einer Partei entwickelt, die durch ihre rassistischen, populistischen und antidemokratischen Positionen das demokratische Fundament unseres Landes gefährdet. Dass der Oberbürgermeister von Celle dies ignoriert und in seinen politischen Kalkülen auf diese Kräfte setzt, ist untragbar.“
Es dürfe nicht sein, dass ein Oberbürgermeister und die ihn unterstützende CDU im Stadtrat die demokratische Mitte schwächten, indem sie politische Mehrheiten mit der AfD suchten, so Engelen: „Eine klare Haltung gegen Extremismus und für die Demokratie muss an oberster Stelle stehen – vor allem im Rathaus, wo die Zukunft unserer Stadt gestaltet wird.“
„Wir haben in den letzten acht Jahren so viel in der Stadt Celle entwickelt wie möglicherweise nie zuvor. Das haben wir gemeinsam mit allen durch die Bürger unserer Stadt demokratisch gewählten und legitimierten Parteien erreicht, ohne von einem hohen moralischen Ross herab andere zu diffamieren und damit Teile der Celler Wähler von politischer Willensbildung auszuschließen“, sagt Jörg Nigge (CDU) dazu. Dabei mache Nigge die notwendige Entwicklung der Stadt nicht davon abhängig, wer seinen Ideen und Vorschlägen zustimme, sondern wer sich für die Zukunft der Stadt und die Menschen einsetzen möchte: „Niemand sollte sich davon abhängig machen, wie die AfD abstimmt – dieser Satz von Bundeskanzler Scholz gilt auch in Celle, zumal die SPD hier sogar einzelnen, von der AfD gestellten Anträgen im Rat zugestimmt hat.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Wille wertet Engelens Aufschrei als politische Verzweiflungstat des Vorsitzenden einer Partei, die im Bundestagswahlkampf hinten liege: „Hinzu kommt, dass der Kandidat der Celler SPD zur OB-Wahl, Patrick Brammer, bis zum heutigen Tage nicht die Unterstützung seiner eigenen Partei erhalten hat. Vor dem Hintergrund der miserablen Lage der Celler SPD versucht Engelen die Märchen der Bundes-SPD nun auch nach Celle zu tragen. Dieser Versuch wird kolossal scheitern.“ Wille überlegt: „Vielleicht will Herr Engelen sich jetzt schon für seine eigene Kandidatur zur OB-Wahl empfehlen und seinen Parteigenossen Brammer aus dem Feld räumen?“
AfD-Fraktionschef Anatoli Trenkenschu schießt ebenfalls scharf zurück: „Nicht die AfD-Fraktion fährt im Stadtrat Celle und den anderen Räten der Republik einen antidemokratischen und diskriminierenden Kurs – sondern die SPD mit ihren grün-sozialistischen Freunden, in dem der politische Wille der Millionen deutschen Bürger ausgegrenzt wird.“ Die sogenannte Brandmauer sei in Wirklichkeit nichts anderes als „eigene Machtgarantie, indem eine linksgrüne Minderheit“ seit Jahren bestimme, in welchem politischen Korridor die Entscheidungen getroffen werden dürften. „So funktioniert die Demokratie nicht“, sagt Trenkenschu: „Alle Anträge der AfD-Fraktion, die im Stadtrat die Mehrheit gefunden haben, sind stets nach den demokratischen Grundprinzipien abgestimmt und entschieden worden. Wer damit ein Problem hat, hat auch ein Problem mit der Demokratie.“
„Es macht den Eindruck, dass Herr Engelen jetzt bereits den direkten Übergang zur nächsten Oberbürgermeisterwahl wagt“, sagt auch FDP-Fraktionsvorsitzender Joachim Falkenhagen: „Aus unserer Sicht interessiert den Oberbürgermeister lediglich die eigene Überzeugung, das Richtige für die Stadt zu tun. Diese Überzeugung stimmt er auch mit einzelnen Fraktionen der demokratischen politischen Mitte ab, um sie dann dem Rat zur Entscheidung vorzulegen.“ Im Übrigen rede Engelen „Rassismus und Intoleranz in unserem Stadtrat“ herbei, so Falkenhagen: „Das habe ich als Vorsitzender des Rates in dieser Ratsperiode noch nicht erlebt und würde ich auch sofort unterbinden und sanktionieren.“
„Nachtreten und Vorwürfe bringen uns kein Stück weiter, um die Zukunft unserer Stadt nachhaltig zu gestalten“, mahnt Grünen-Fraktionsvorsitzender Stephan Ohl zur Sachlichkeit: „Und da liegen noch wichtige Entscheidungen vor uns, die wegweisend sein werden, wie etwa die kommunale Wärmeplanung, der Ausbau ÖPNV in der Stadt, die Zukunft der Congress Union, oder das Karstadt-Gebäude.“ Die Grünen seien immer gesprächs- und kompromissbereit gewesen und würden das auch bleiben, so Ohl: „Allerdings hat der OB keinerlei Interesse daran. In Celle ist nicht die CDU das Problem.“
Die CZ hat sich noch einmal im Celler Rats-TV angesehen, welche Ratspolitiker in der Dezember-Sitzung für den Mülleimer-Antrag der AfD gestimmt hatten. Ergebnis des „Video Assistant Referees“ beim Betrachten der Szene aus 186. Minute der Ratssitzung: Unter denjenigen, die für den AfD-Antrag gestimmt hatten, waren auch Sozialdemokraten – unter anderem Christoph Engelen. Der findet das in diesem Fall okay: „Als Ortsbürgermeister der Altstadt ist es oft notwendig, pragmatische Lösungen zu finden, um den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden – selbst wenn das bedeutet, einen Vorschlag der AfD zu unterstützen.“
In Engelens Augen gebe es einen grundlegenden Unterschied zwischen der Vorgehensweise eines Oberbürgermeisters und seiner CDU als der stärksten Fraktion im Rat, die ihre Mehrheit mit einer Partei wie der AfD erziele, um ohne Kompromisse und ohne Gespräche mit anderen Fraktionen wie der SPD oder den Grünen ganz bequem ihre eigenen Interessen durchzusetzen, und der Rolle eines Ortsbürgermeisters wie Engelen, der „in einem kleineren Rahmen agiert“ und einer Idee zustimmt, wo mehr Mülleimer in seinem Stadtteil aufgestellt werden sollen. Die Mehrheit im Rat könne auch ohne die Hilfe der AfD erreicht werden – wenn man wirklich den Willen habe, so Engelen: „Dem Oberbürgermeister und seiner CDU ist dies aber zu unbequem, und das ist das Problem.“